Im Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Landesregierung wurde 2017 die Einführung des anonymen Krankenscheins in Form eines Pilotprojekts vereinbart.
Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus sollen mit dem anonymen Krankenschein endlich Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten.
Nach jahrelangen Verhandlungen mit der Berliner Landesregierung und durch öffentlichen politischen Druck ist das Thema endlich auf die politische Tagesordnung gerückt. Im Berliner Haushalt wurde dafür ein jährliches Budget von 1,5 Millionen Euro für Personal- und Behandlungskosten eingeplant.
Mit Beginn des Jahres 2018 sollte damit eine Clearingstelle aufgebaut werden, die zu Möglichkeiten berät, einen sicheren Aufenthaltsstatus und eine Krankenversicherung zu erhalten.
Wenn dies nicht möglich ist, soll ein anonymer Krankenschein für die Patient_innen ausgestellt werden, über den ein Arztbesuch möglich ist. Bisher sind keine konkreten Schritte in Richtung einer Umsetzung sichtbar.
Das Konzept, das am 27. März 2018 vom Senat beschlossen wurde, bleibt vage. Wichtige Fragen, wie die der Trägerschaft der Clearingstelle, der Abrechnungsmodalitäten sowie der Realisierung der freien Ärzt*innenwahl sind nach wie vor offen. Obwohl die Senatsverwaltung seit Monaten durch erfahrene Akteur_innen aus der Praxis beraten wurde und obwohl in Göttingen, Hannover, Düsseldorf und Hamburg bereits ähnliche Modelle realisiert wurden, wird das Projekt in der Berliner Senatsverwaltung aktuell massiv verzögert. Weiterhin bleibt zahlreichen Menschen in Berlin der Zugang zur Gesundheitsversorgung verwehrt, obwohl sie einen rechtlichen Anspruch darauf haben.
Der Zugang zu Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Aufenthaltsstatus bleibt währenddessen äußerst beschränkt und ist nur aufgrund von „ehrenamtlicher“ Arbeit überhaupt möglich.
Solidarity City Berlin fordert daher eine schnelle und effektive Umsetzung des Vorhabens! Der in den letzten Monaten lautstark geäußerte politische Willen des Berliner Senats muss sich nun in einer schnellen und umfassenden Realisierung des Projekts beweisen.
Das verabschiedete Konzept des anonymen Krankenscheins kann aufgrund seiner begrenzten finanziellen Mittel und seines eingeschränkten Zugangs zu Gesundheitsleistungen (entsprechend des Asylbewerberleistungesetzes) nach wie vor nur als kompromisshafte Zwischenlösung betrachtet werden. Daher fordern wir weiterhin die Integration aller hier lebender Menschen in die reguläre gesetzliche Krankenversicherung unabhängig von ihrem Status.