Hier stellen wir Informationen bereit, wie derzeit der Zugang zu öffentlichen Schulen (Grundschule, Sekundarschule, Gymnasium, Gemeinschaftsschule, Förderschule, Oberstufenzentrum) in Berlin für Kinder ohne Aufenthaltsstatus in der Praxis abläuft, welche Hürden es gibt, was zu bedenken ist und was sich als erfolgreich erwiesen hat.
ZUGANG ZU SCHULEN FÜR KINDER OHNE AUFENTHALTSSTATUS IN BERLIN
Die Informationen sind lückenhaft und beruhen auf konkreten Erfahrungen. Wir hoffen auch, dass sich durch die Kampagne von Solidarity City und anderen Akteur*innen die Situation verbessert. Und wir versuchen, dieses Informationsblatt regelmäßig zu aktualisieren und freuen uns dafür auch sehr über Hinweise zur Überarbeitung und Ergänzung!
Diese Informationen sind auch als Informationsblatt für Berater*innen und Unterstützer*innen gedacht, weshalb wir sie hier auch als PDF zum ausdrucken zur Verfügung stellen. Hier gibt es einen mehrsprachigen Flyer mit einer Kurzversion.
DIE SUCHE NACH EINEM SCHULPLATZ IN BERLIN
In Berlin gilt das Schulbesuchsrecht für Kinder ohne Aufenthaltsstatus
Jedes Kind hat das Recht, in Berlin zur Schule zu gehen (Berliner Schulgesetz, § 2 Recht auf Bildung und Erziehung). Demnach hat jedes Kind das Recht auf Bildung, unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung seiner Erziehungsberechtigten. Dieses Recht ist auch in Art. 20 Abs. 1 der Verfassung des Landes Berlin verankert. Grundlage für das Recht auf Bildung ist Art. 28 der UN-Kinderrechtskonvention.
In Berlin haben also auch Kinder ohne Aufenthaltsstatus/ohne offizielle Papiere ein Recht auf den Schulbesuch, allerdings im Unterschied zu manchen anderen Bundesländern keine Schulbesuchspflicht. (Das hat den Nachteil, dass die Schulämter sich unter Umständen nicht beeilen, weil sie sich nicht unbedingt in der Pflicht sehen, den Schulplatz zeitnah zu organisieren). Trotzdem gilt die grundlegende Bedeutung von Schule, Bildung und Teilhabe am Leben, und jedes Kind/jeder junge Mensch hat ein Recht auf zukunftsfähige schulische Bildung und Erziehung und das Recht auf gleichen Zugang zu allen öffentlichen Schulen, unabhängig von den familiären Voraussetzungen.
Eine wichtige Voraussetzung für den Zugang zu Schulen ist: Schulen und Schulämter sind nicht verpflichtet, Daten an die Ausländerbehörde weiterzuleiten (siehe § 87 – Aufenthaltsgesetz, Abs. 1).
Das Schulbesuchsrecht umfasst die Grundschule und die weiterführende Schule. Das heißt also: Das Kind kann in eine erste Klasse der Grundschule eingeschult werden, wenn es bis zum 30. September des vorherigen Jahres mindestens 5 Jahre alt geworden ist. Wenn das Kind älter als 6 Jahre ist, kann es altersentsprechend in eine bestehende Klasse aufgenommen werden.
Wir gehen davon aus, dass entsprechend der Schulpflicht auch das Schulbesuchsrecht geregelt ist: Die Schulpflicht dauert 10 Jahre im Sinne des § 42 Abs. 4 SchulG; die Willkommensklasse ist darin nicht eingerechnet. Wir gehen davon aus, dass geflüchtete und irregulär eingereiste Kinder und Jugendliche häufig Brüche in ihrer Bildungskarriere aufweisen. Daher sind mit 16 Jahren die 10 Jahre Schulbesuchspflicht nicht automatisch erfüllt, sondern können nach der UN-Kinderrechtskonvention mindestens bis zum 18. Lebensjahr dauern. Darüber hinaus stehen auch die Oberstufenzentren (OSZ) jungen Menschen weiterhin auf dem 1. Bildungsweg bis mindestens im Alter von 26 Jahre offen. Die OSZ ermöglichen es jungen Menschen, ihren Bildungsweg fortzusetzen, wenn sie die auf den allgemeinbildenden Schulen noch keine Schulabschlüsse erworben haben.
Aber wie dieses Recht auch umsetzen?
In der Praxis ist es gar nicht so einfach, das Kind tatsächlich beim Bezirksschulamt anzumelden und in einer Schule einen Platz zu finden. Weder die Schulämter, noch die Schulsekretariate/Schulleitungen sind darauf gut vorbereitet. So lehnen die Schulen Kinder oft einfach ab oder fordern willkürlich Dokumente, die die Eltern der Kinder nicht unbedingt vorlegen können. Und auch die Schulämter der Berliner Bezirke wissen oft nicht Bescheid oder beharren auf Dokumenten, die nicht vorgelegt werden können und rechtlich auch nicht vorgelegt werden müssen. Prinzipiell haben wir aber die Erfahrung gemacht, dass es eigentlich immer möglich ist, einen Schulplatz zu bekommen – allerdings oft erst nach beharrlichem Insistieren und Begleitung der Eltern und Kinder durch Unterstützer*innen bei den Behördengängen und Telefonaten.
Drei wichtige Behörden für die Einschulung: Schulsekretariat, Bezirks-Schulamt, Kinder- und Jugend-Gesundheitsdienst
Für eine Schulanmeldung in Berlin sind drei Schritte notwendig: Die Anmeldung an einer Schule im Schulsekretariat, die Anmeldung beim Schulamt des Bezirkes, in dem ein Schulplatz gesucht wird, und eine schulärztliche Einschulungsuntersuchung beim Gesundheitsamt.
Zunächst zur Anmeldung beim Schulsekretariat und Bezirks-Schulamt:
Die ersten beiden Schritte können unterschiedlich kombiniert werden – entweder a) oder b):
a) Das Kind wird an einer Schule im Schulsekretariat telefonisch oder besser noch persönlich angemeldet und die Schule leitet die nötigen Daten weiter an das Schulamt. Oder auch: Nach dem Termin bei der Schule steht noch ein weiterer Termin beim Schulamt an, nachdem die Schule ihre Bereitschaft zur Aufnahme erklärt hat.
b) Alternativ beginnt der bürokratische Weg mit einem Telefonat oder, dazu raten wir, besser mit einer persönlichen Vorsprache beim Schulamt oder Schulaufsicht des Bezirksamtes, das dann einen Schulplatz im Bezirk sucht, vorschlägt und organisiert. Vorher sollte mensch sich über Adressen, Sprechzeiten und Ansprechpartner*innen auf den Websites des entsprechenden Bezirksamtes informieren – meistens unter: Schulamt und dann (nicht immer) Schulorganisation oder Anmeldung. Die Berliner Behörden haben in der Regel donnerstags nachmittags ab 15 Uhr geöffnet; und es gibt weitere Öffnungszeiten. Auch zu beachten ist: Oft sind unterschiedliche Personen für Grundschulen, weiterführende Schulen oder Willkommensklassen zuständig. (siehe: https://service.berlin.de/schulaemter/)
Welche Daten und Dokumente sind dafür nötig?
Wichtig!!! Eine postalische Adresse muss reichen! Lasst Euch nicht unter Druck setzen, eine Meldebescheinigung zu besorgen!
Die Schulämter und Schulsekretariate fordern oftmals als erstes (neben Name und Geburtsdatum des Kindes) eine Meldeadresse inklusive Meldebescheinigung und weigern sich, etwas zu unternehmen, wenn sie diese nicht bekommen. Das ist ein Widerspruch in sich: Menschen ohne Aufenthaltsstatus können keine Meldebescheinigung vorlegen bzw. riskieren eine Abschiebung, wenn sie sich beim Einwohnermeldeamt registrieren lassen.
Stattdessen kann und muss aber eine postalische Adresse angegeben werden. Diese muss im Bezirk liegen, in dem zur Schule gegangen werden soll. Um für Sicherheit zu sorgen, sollte diese Adresse besser nicht dem realen Wohnort der Person entsprechen. Aber die Post sollte von dort schnell die Eltern bzw. das Elternteil des Kindes erreichen. Möglich sind also Adressen von vertrauenswürdigen Nachbar*innen, Freund*innen, Unterstützer*innen, oder auch die Adresse einer Nichtregierungsorganisation, Kirchengemeinde oder Beratungsstelle etc., immer unter der Voraussetzung, dass diese verbindlich und verantwortlich mit der Post umgehen und dass die Adresse im entsprechenden Bezirk liegt.
Dass Kinder und Jugendliche ohne gültigen Aufenthaltstitel ein Schulbesuchsrecht haben und dass die Beschulung nicht verweigert werden kann, weil kein Nachweis über einen festen Wohnsitz, z.B. durch eine Meldebescheinigung, nachgewiesen werden kann, stellt auch die Senatsverwaltung für Bildung in ihrem „Leitfaden Integration“ klar (Link siehe unten, S. 12).
Weitere Dokumente werden auch oft verlangt – wie etwa der Pass des Kindes oder eine Geburtsurkunde
Hier muss von Fall zu Fall geschaut werden, ob die Dokumente unproblematisch vorgelegt werden können oder ob darauf bestanden werden muss, dass diese Dokumente nicht beigebracht werden können und das Kind trotzdem ein Schulbesuchsrecht hat.
Für Jugendliche über 16 Jahre wird häufig das Oberstufenzentrum (OSZ) als Schulform empfohlen. Dieser Empfehlung muss mensch nicht folgen. Wenn der/die Jugendliche eine akademische Laufbahn anstrebt, ist der Weg zum Abitur über ein Gymnasium (2 Jahre) oder eine integrierte Sekundarschule (3 Jahre) direkter und schneller. Wenn der/die Jugendliche noch keine Orientierung hat, kann ein OSZ eine gute Option sein, denn die OSZ bieten einerseits einen berufsorientierten Weg zum Abitur, andererseits aber auch berufliche Ausbildungen und entsprechende Orientierungsoptionen (IBA) an. Die Schulämter verweisen für die Aufnahme in ein OSZ, bzw. in die Willkommensklassen an OSZ auf eine Jugendberufsagentur (https://www.jba-berlin.de/home/) oder eine berlinweite Klärungsstelle für berufliche Schulen.
Krankenversicherung
Insbesondere Schuldirektor*innen bestehen oft auch auf der Angabe einer Krankenversicherung. Auch dies ist für Menschen ohne Aufenthaltsstatus unmöglich zu beschaffen. Bei den Schulsekretariaten kann darauf verwiesen werden, dass Kinder in der Kita, Schule und Ausbildungsstätte und auf dem Schulweg gemäß § 2 Sozialgesetzbuch VII automatisch gesetzlich unfallversichert sind, unabhängig vom Aufenthaltsstatus.
Auch bei Klassenfahrten sind Unfälle in den meisten Fällen durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert; es scheint da aber spezifische Ausnahmefälle zu geben, auf die die Schule verweisen könnte. Dennoch: Ob die Schule das Kind später auf Klassenfahrten mitfahren lässt, kann ja unabhängig davon, dass es in der Schule aufgenommen wird, noch verhandelt werden.
Willkommensklasse und Europaschulen
Je nach deutschen Sprachkenntnissen, dem Alter des Kindes und manchmal auch rassistischen Stereotypen ordnen die Bezirks-Schulämter die Kinder zu Willkommensklassen zu. Prinzipiell sind wir gegen diese segregierte Sonderbeschulung und fordern die Integration in Regelklassen – gerade auch zum besseren Deutschlernen. Wenn das Kind nicht in die erste oder zweite Klasse eingeschult wird, ist es allerdings schwierig, das zu verhindern – die Willkommensklasse ist der übliche Weg für ein älteres Kind ohne Deutschkenntnisse.
In den meisten Bezirken wurden die Aufgabe für Willkommensklassen aus den Schulämtern an sogenannte Koordinierungsstellen und/oder Klärungsstellen für Willkommensklassen outgesourct.¹ Die Möglichkeit der Aufnahme in Willkommensklassen direkt an der Schule und nicht über diese Stellen wurde in den letzten Jahren immer mehr eingeschränkt und ist ohne einen direkten Draht zur Schulleitung nicht mehr möglich.
Möglich ist es darüber hinaus, nach Europaschulen oder bilingualen Sprachklassen zu schauen und zu versuchen, das Kind dort anzumelden bzw. das Schulamt dazu aufzufordern, dort einen Platz anzufragen.
Halbtagsschule und Hort
Es ist ratsam, eine Ganztagsschule auszusuchen, falls der Elternteil/die Eltern eine Betreuung für den ganzen Tag wollen bzw. brauchen. Denn in Halbtagsschulen entscheidet das Jugendamt darüber, ob ein Kind einen Platz bekommt – und eine Anmeldung beim Jugendamt ist wiederum nicht möglich, da die Daten hier an die Ausländerbehörde weitergegeben werden könnten (wegen § 87 Aufenthaltsgesetz). Allerdings gibt es auch hier Schulen, die pragmatische Lösungen finden und das Kind ohne oder mit pseudonymisierter Meldung auch in den Hortbereich aufnehmen.
Prinzipiell gilt bei der Schulplatzsuche: Es herrscht Willkür! Schulämter und Schuldirektor*innen in Berlin reagieren sehr unterschiedlich auf die Anfragen.
Wir von Solidarity City machen gerade Umfragen an den Schulämtern und stellen Forderungen an den Senat auf, wie das Schulbesuchsrecht in der Praxis garantiert werden sollte. In einem Fall hat sich jüngst auch die Rechtsabteilung des Senats eingeschaltet und dem Bezirksamt und der Schule erklärt, dass das Kind ein Schulbesuchsrecht hat.² Auch die regionale Schulaufsicht in den Bezirken sollte kontaktiert und bei den dort tätigen Schulrät*innen das Recht auf Bildung der Kinder durchgesetzt werden.
Wenn das Schulamt die Aufnahme eines Kindes verweigert, bzw. Dokumente fordert, die nicht erbracht werden müssen und können, ist es zudem möglich, bei den Beratungsstellen KuB und BBZ (siehe unten) nach unterstützenden, solidarischen und kompetenten Personen in den verschiedenen Bezirken zu fragen.
Schulärztliche Einschulungsuntersuchung:
Bevor ein Kind eingeschult wird, muss es noch zu einer schulärztlichen Einschulungs- oder Zuzugsuntersuchung beim Kinder- und Jugend-Gesundheitsdienst. Dafür braucht es keine Krankenversicherung. Das Kind wird körperlich und nach Hör- und Sehfähigkeit, sowie nach der sprachlichen, motorischen und geistigen Entwicklung untersucht. Unter Umständen wird ein Impfausweis und ein Vorsorgeheft verlangt, aber es ist kein Problem, wenn diese nicht vorliegen. Unter Umständen werden Impfungen vorgeschlagen, diese sind aber freiwillig (Infos https://service.berlin.de/dienstleistung/324254/)
Zum Datenschutz gegenüber der Ausländerbehörde – es gibt leider keine absolute Garantie
Schulen und Bildungseinrichtungen sind in Deutschland seit 2011 – im Unterschied zu anderen deutschen Behörden – nicht dazu verpflichtet, Informationen über Menschen ohne Aufenthaltsstatus an die Ausländerbehörden weiterzuleiten (§ 87 Aufenthaltsgesetz, Absatz 1).
Ob dies aber auch einem Verbot gleichkommt, dies zu tun, das ist juristisch nicht eindeutig geregelt. Wir vertreten die Auffassung, dass Schulbehörden und Schulen grundsätzlich keine personenbezogenen Daten an die Ausländerbehörde übermitteln dürfen, da es an einer Rechtsgrundlage für eine Übermittlung fehlt und die Übermittlung die Erfüllung ihres Bildungsauftrages für alle Kinder in Berlin unterlaufen würde. Nach § 3 des Berliner Datenschutzgesetz ist die Übermittlung personenbezogener Daten nämlich nur dann zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit liegenden Aufgabe erforderlich ist. Und die Übermittlung von Daten über den Aufenthaltsstatus eines Kindes an die Ausländerbehörde ist ganz sicher nicht erforderlich für die Aufgaben einer Schule, wie sie in § 1 des Berliner Schulgesetzes definiert sind.
Bisher kennen wir in Berlin keinen Fall, bei dem eine Schule direkt die Daten an die Ausländerbehörde weitergeleitet hätte. Wir kennen allerdings einen Fall, bei dem anzunehmen ist, dass die Schule die Adresse eines Kindes an die Polizei weitergeleitet hat (es ging um eine kaputte Fensterscheibe, in die ein Fußball geflogen war). Ebenso wird es problematisch, wenn das Jugendamt eingeschaltet wird: Für das Jugendamt gilt nämlich die Übermittlungspflicht an die Ausländerbehörde.
WIE GEHT ES WEITER, WENN DAS KIND EINGESCHULT IST?
Hier können wir nur ein paar allgemeine Hinweise dazu geben, worüber nachgedacht werden sollte – es gibt hier aber keine Patentrezepte oder einfache Antworten.
Wer in der Schule sollte darüber informiert sein, dass das Kind keinen Aufenthaltsstatus hat?
Erfahrungsgemäß handhaben das die Eltern von Kindern ohne Papiere sehr unterschiedlich: In manchen Fällen weiß nur die/der Schul-Direktor*in Bescheid, in anderen zusätzlich die/der Klassenlehrer*in, und in wieder anderen mehrere Lehrer*innen/Erzieher*innen und/oder auch der/die Sozialarbeiter*in der Schule. Sicher ist es wichtig, nicht zu viele Menschen ins Vertrauen zu ziehen. Andererseits ist es oft notwendig, dass zumindest die/der Klassenlehrer*in versteht, warum das Kind nach mehrmaliger Aufforderung keine Krankenkassenkarte mitgebracht hat, warum die Eltern kein Bankkonto haben, um das Geld für die Klassenfahrt zu überweisen oder auch warum sie aus dem gleichen Grund kein Geld für das Schulessen überweisen und es lieber bar bezahlen wollen (das gilt nicht für Grundschulen, hier ist das Essen sowieso kostenlos). Ein weiteres Problem ist, dass die Eltern im Unterschied zu Kindern mit Hartz-IV-Unterstützung keine finanzielle Unterstützung (etwa für Klassenfahrten bekommen) und die finanzielle Belastung groß sein kann. Auf jeden Fall ist es oftmals hilfreich, vertrauenswürdige Klassenlehrer*innen über die Situation zu informieren. Ebenso kann es sinnvoll sein, dass der/die Sozialarbeiter*in der Schule Bescheid weiß, etwa um zu verhindern, dass ein „Fall“ dem Jugendamt vorgestellt wird, ohne dass dies aufgrund von Kindeswohlgefährdung dringend notwendig erscheint. Insgesamt ist diese Informationspolitik für die Eltern (und auch die Kinder, wenn sie schon verstehen, wie sie diskriminiert sind!) eine Gratwanderung – und sie liegt selbstverständlich immer in der Autonomie und dem Ermessen der Betroffenen selbst.
Dasselbe gilt allgemein dazu, welche Schulfreund*innen und deren Eltern in die Situation des Lebens ohne Papiere einbezogen werden, wer die tatsächliche Adresse des Kindes erfährt, wer zu Besuch kommt usw. Einige Menschen haben gute Erfahrungen damit gemacht, sich nicht einschüchtern zu lassen und viele an ihrem Leben teilhaben zu lassen. Das muss nicht automatisch heißen, dass Freund*innen und Bekannte aus der Schule über den „Status“ informiert werden müssen. Andere entscheiden sich – und auch dies ist je nach konkreter Situation sehr berechtigt, vorsichtig zu sein und z.B. nur wenige vertraute Menschen zu sich nach Hause einzuladen.
Kann das Kind auch ohne Aufenthaltsstatus gültige Zeugnisse und gültige Abschlüsse erhalten?
Wird ein Kind/Jugendlicher von einer Schule aufgenommen, hat es ein Recht auf Zeugnisse und damit auch auf Abschlüsse. Bisher haben wir allerdings wenige Erfahrungen etwa mit Kindern ohne Papiere, die einen Mittleren Schulabschluss oder eine Abiturprüfung absolviert haben. Wir freuen uns auch hier über Erfahrungsberichte!
Weiterführende Behörden-Informationen:
„Leitfaden zur Integration von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen in die Kindertagesförderung und die Schule” (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Dezember 2018): https://www.berlin.de/sen/bjf/fluechtlinge/schulische-integration
Informationen über das Berliner Schulsystem in mehreren Sprachen: https://www.berlin.de/sen/bjf/fluechtlinge/#neu/
Beratungsstellen:
Berliner Fachstelle für Kinder/Jugendliche
BBZ –Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant*innen
Turmstr. 72, 10551 Berlin
030 666 407 – 21 Fax: -24
E-Mail: d.jasch@kommmitbbz.de
www.bbzberlin.de
KuB – Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant*innen
Mo, Di, Do und Fr 9:00 bis 12:00 Uhr
Oranienstr. 159, 10969 Berlin
030 / 614 94 00 Fax: 030 / 615 45 34
www.kub-berlin.org
¹z.B. Mitte: https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/sprachfoerderzentrum/angebote/artikel.595520.php;
Charlottenburg/Wilmersdorf: https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/verwaltung/aemter/schul-und-sportamt/schulamt/artikel.428467.php;
Klärungsstelle OSZ: https://www.berlin.de/sen/bjf/fluechtlinge/schulische-integration/informationsblatt-klaerungsstelle-der-beruflichen-und-zentral-verwalteten-schulen-stand-oktober-2018.pdf
²Eine Ansprechpartnerin beim Senat: Elke Biester, Fachgruppe Koordinierung der Beschulung geflüchteter Kinder und Jugendlicher, Bernhard-Weiß-Str. 6, 10178 Berlin Tel: 90227 6884, E-Mail: elke.biester@senbjf.berlin.de