Endlich Zugang zu medizinischer Versorgung für Leute ohne Aufenthaltsstatus – aber wie?
Solidarity City hat Mitglieder des Berliner Gesundheitsausschusses befragt
Im November haben wir drei Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses interviewt – jeweils eine Person von der SPD (Thomas Isenberg), der Linken (Carsten Schatz) und den Grünen (Catherina Pieroth-Manelli). Thema: Die von der rot-rot-grünen Koalition geplante Einführung eines anonymen Krankenscheins. Das Budget dafür hat das Berliner Abgeordnetenhaus in seiner Sitzung am 14. Dezember 2017 mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2018/19 bereitgestellt.
Wir von Solidarity City begrüßen es, dass es in Berlin nach vielen Kämpfen dafür endlich Zugang zur medizinischen Versorgung für Menschen ohne Aufenthaltsstatus geben soll – und auch für andere Gruppen ohne Krankenversicherung. Aber wir haben auch einige kritische Nachfragen. Deswegen haben wir die Politiker*innen zu drei Fragenkomplexen interviewt. Erstens: Wie kommt das begrenzte (wenn auch inzwischen angehobene) Budget für die Behandlungskosten und die Clearingstelle zustande, die den Krankenschein ausgeben soll? Was soll geschehen, wenn das Geld nicht reicht? Zweitens: Wir haben hinterfragt, warum in den bisherigen Konzepten von einem quartalsweise vergebenen Schein die Rede ist und nicht – wie bei den Asylbewerber*innen auch – von einer anonymisierten elektronischen Gesundheitskarte? Drittens: Wir fragten die Ausschussmitglieder, was sie – jenseits des formalen Zugangs – gegen Rassismus in dem Berliner Gesundheitssystem unternehmen wollen und berichteten ihnen von einer Umfrage von Solidarity City unter Geflüchteten – nach Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerber*innen.
Wir veröffentlichen die Interviews hier aus mehreren Gründen: Zum einen wollen wir die Fragen dokumentieren, die wir an die Vorlage des Gesundheitsausschusses zum anonymisierten Krankenschein für Nichtversicherte haben. Zum anderen können wir die Politiker*innen im nächsten Jahr an ihre Zusagen erinnern, wenn die Konzepte zur Clearingstelle entwickelt und implementiert werden. Und drittens erfahren wir in den Interviews auch, ob und wie sie zu Rassismus in der Gesundheitsversorgung Stellung beziehen.
Thomas Isenberg [SPD]
Wenn das Geld nicht reicht, müssen wir das nachjustieren. Und wir müssen zudem jetzt schauen, ob wir in Ergänzung zu den Beschlüssen des Gesundheitsausschusses noch weitere Mittel bereitstellen können.
Carsten Schatz [Die Linke]
Jeder Mensch, der sich hier aufhält, muss Zugang zur Krankenversicherung haben.
Catherina Pieroth-Manelli [Bündnis 90/Die Grünen]
Eine elektronische Gesundheitskarte wäre wohl das einfachste und würde vor Stigmatisierung gegenüber anderen Gruppen schützen.